„Da die von ihm besetzte Stadt nicht verschanzt war, wählte er eine durch die natürliche Lage befestigte Stelle an demselben Fluss... Er verschanzte sie und befahl jedem, sein Haus so zu bauen, wie er sich früher sein Zelt baute." (Aeneas Silvius Piccolomini, Böhmische Chronik)
So beschreibt der zeitgenössische Chronikschreiber die Gründung der Stadt Hradiště auf dem Berg Tábor von dem Hussitenfeldherrn Jan Žižka. Die Stadt entstand als eine Festung, die ihre Bewohner vor allen Feinden schützen sollte. Sie wuchs auf einem oberhalb des Zusammenflusses des Tismenice-Baches und des Flusses Lužnice emporragenden Felsenplateau, und von Anfang an spielten die Naturbedingungen im Leben der Stadtbewohner eine große Rolle. Noch heute sind die Züge der Stadtfestung deutlich erkennbar.
Auch die Gründung der Stadt im Frühjahr 1420 spielte sich unter Ausnahmeumständen ab. Sie ist nicht nur mit Žižka, sondern auch mit dem Namen eines großen Reformators der katholischen Kirche, mit Jan Hus, verbunden. Jan Hus starb in der deutschen Stadt Konstanz (am Bodensee) eines Märtyrertodes schon im Jahre 1415. Trotzdem kann man ihn gewissermaßen für einen Mitbegründer der Stadt halten. Die Gedanken von Hus, einschließlich der Überzeugung von der Menschen- und Konfessionsfreiheit, fanden immer eine starke Resonanz in der südböhmischen Region. Hus selbst lebte übrigens in den Jahren 1413 und 1414 in der Festung Kozí Hrádek und in Sezimovo Ústí, d.h. in der unmittelbaren Nähe des künftigen Tábor. Hier entschied sich eine Gruppe der Lehrjungen und Anhänger von Hus, ihre Vorstellungen und Träume von einer gerechten Gesellschaft zu verwirklichen. Ihren Bemühungen entspricht auch der Name des biblischen Berges in Palästina, den sie für ihre neue Siedlung wählten. Die Stadt wurde aber bald vor allem zu einem mächtigen Zentrum des Hussitentums. Im Rahmen des damaligen Böhmischen Königreichs stellte sie eine selbständige politische Einheit mit ihrer eigenen Wirtschaft, bewaffneten Macht und sogar mit ihrer eigenen Außenpolitik dar. Die Autorität des böhmischen Königs als Landherrschers anerkannten die Taboriten gar nicht oder nur formal. 1437 erhielt die Stadt ein Privilegium vom römischen Kaiser und böhmischen König Sigismund von Luxemburg, das der Stadt Tábor wieder den Status einer Königsstadt verlieh. Aber erst im Jahre 1452 kapitulierte Tábor vor dem Heer des Landesvogts Jiří von Poděbrady, und die stolze Gemeinde erkannte den böhmischen König als ihren Herrn an. Nicht einmal das einzigartige, seit der Gründung der Stadt gebaute Befestigungssystem konnte diesmal die Unabhängigkeit der Stadt retten.